1. Die Darlegungs- und Beweislast für die Anzahl der im Stundenlohn geleisteten Arbeiten liegt beim Auftragnehmer.
2. Sind Stundenlohnzettel vom Auftraggeber nicht gegengezeichnet, kann der Auftragnehmer den Umfang der Stundenlohnarbeiten durchaus anderweitig, z. B. durch Zeugenaussagen und die Vorlage von "Rapportzetteln", nachweisen.
3. Es ist im Baugewerbe nicht üblich, dass Fahrtkosten nach Stundenaufwand berechnet werden.
OLG Hamm, Urteil vom 08.02.2011 - 21 U 88/10
VOB/B 2006 § 2 Nr. 10, § 15
Problem/Sachverhalt
Der Auftragnehmer (AN) wird auf Grundlage der VOB/B mit der Ausführung von Heizungs- und Sanitärinstallationsarbeiten beauftragt. In der Schlussrechnung macht der AN Stundenlohnarbeiten geltend, deren Anzahl der vom Auftraggeber (AG) beauftragte Architekt für plausibel hält. Da die Stundenlohnzettel nicht gegengezeichnet und Fahrtzeiten in die Stundenzahl eingeflossen sind, verweigert der AG die Bezahlung. Als auch nach Vorlage der von den Mitarbeitern des AN erstellten "Rapportzetteln" keine Zahlung erfolgt, erhebt der AN Klage.
Entscheidung
Die Klage hat überwiegend Erfolg! Die Darlegungs- und Beweislast für die Anzahl der geleisteten Stunden liegt beim AN (BGH, IBR 2000, 307). Wenn die Stundenzettel - wie hier - vom AG nicht gegengezeichnet sind, führt dies regelmäßig zu Beweisschwierigkeiten. Es bleibt für den AN jedoch grundsätzlich die Möglichkeit, den Umfang der Stundenlohnarbeiten anderweitig nachzuweisen. Dies ist dem AN durch die Aussagen seiner Mitarbeiter in Verbindung mit der Vorlage der "Rapportzettel" gelungen. Diese enthalten jeweils das Datum, die beteiligten Mitarbeiter, die auf die einzelnen Mitarbeiter entfallene Stundenanzahl sowie die durchgeführten Arbeiten. Zudem hat der Architekt des AG die in den "Rapportzetteln" aufgeführte Stundenanzahl für die jeweils durchgeführten Arbeiten als plausibel angesehen. Angesichts dessen ist der Beweis zum Umfang der Stundenlohnarbeiten hinreichend geführt. Allerdings ist die Vergütung um 380 Euro zu kürzen, weil der AN Fahrtzeiten in die Stundenanzahl hat einfließen lassen. Eine Berechnung der Fahrtzeiten als Stundenlohnarbeiten ist aber vorliegend nicht gerechtfertigt. Denn im Baugewerbe ist die stundenweise Berechnung von Fahrtkosten nicht üblich. Vielmehr macht der AN diese Kosten regelmäßig zum Gegenstand der Preiskalkulation und arbeitet sie beispielsweise in die Stundenlohnhöhe ein. Der Vertrag kann deshalb nicht dahingehend ausgelegt werden, dass eine gesonderte Vergütung der Fahrtkosten nach Stundenaufwand verlangt werden kann (so auch OLG Düsseldorf, BauR 2000, 1334).
Praxishinweis
Im Zusammenhang mit Ausführung und Abrechung von Stundenlohnarbeiten ist Folgendes zu beachten: Zunächst kann eine Stundenlohnvereinbarung nur vom Auftraggeber oder dessen rechtsgeschäftlichem Stellvertreter abgeschlossen werden. Der Bauleiter des Auftraggebers ist hierzu in der Regel nicht berechtigt (BGH, IBR 1995, 1). Zudem müssen die Stundenlohnzetteln ordnungsgemäß ausgefüllt werden und Angaben zu den geleisteten Arbeitsstunden, den eingesetzten Personen (auch hinsichtlich ihrer Funktion), der Art ihres Einsatzes und den in der angegebenen Zeit konkreten ausgeführt Arbeiten enthalten (KG, IBR 2001, 351). Selbst wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann der Auftraggeber immer noch einwenden, der Auftragnehmer hätte unwirtschaftlich gearbeitet und dadurch zu viele Stunden aufgewendet (BGH, IBR 2000, 307).
RA Stephan Bolz, Fürth
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Quelle: IBR Verlag mit ausdrücklicher Genehmigung des IBR Verlages IBR Online
(IBR-Online: IBR 2011, 252)